Was ist Anprallheftigkeit und sind die ermittelten Werte in die Realität übertragbar?

Bei EN 1317 Anprallprüfungen müssen für alle PKW-Fahrzeugprüfungen Beschleunigungssensoren im Fahrzeug-Schwerpunkt plaziert werden. Die Messwerte werden gemäß den vorgegebenen Algorithmen aus der EN 1317 in die beiden Kennwerte ASI und THIV überführt. Der ASI-Wert darf maximal 1,9 (ohne Einheit) betragen, der THIV-Wert maximal 33 (km/h). In diesem Zusammenhang ist es wichtig zu erwähnen, dass ASI und THIV keine objektive Bewertung der Anrpallheftigkeit auf Fahrzeuginsassen zulassen. Hierzu wäre eine Instrumenierung der Sensoren in den Betrachtungsorten (beispielsweise Kopf eines PKW-Fahrers) erforderlich.

Umfangreiche Untersuchungen der TU Graz an vielen FRS-Systemen (Schutzplanken (SP) und Betonschutzwände(BSW)) haben ergeben, dass die ASI- und THIV-Werte keine objektive Bewertung der Schwere von Verletzungen durch Beschleunigungen bei Fahrzeug-Anprallen zulassen. Weltweit wird für die Bewertung der Verletzungsschwere durch Beschleunigungen der anerkannte HIC-Wert (head injury criterion) ermittelt; unter anderem bei simulierten Abstürzen von Personen von Gerüsten, Kindern von Spielgeräten oder auch Personen in Flugzeugsitzen. Ein HIC-Wert von 300 wird in der Fachwelt im Allgemeinen als nicht kritisch erachtet; HIC-Werte über 700 haben demgegenüber eine hohes Risiko einer schwerwiegenden Verletzung oder gar einer Tötung.

Aktuell wird die Diskussion über die Schwere von Verletzungen durch Beschleunigungen fast ausschließlich über die ermittelten ASI-Werte geführt. In diesem Zusammenhang ist es jedoch sehr wichtig zu erwähnen, dass alle durch die TU Graz ermittelten HIC-Werte für BSW mit ASI-Werten im Bereich „C“ allesamt unterhalb dem erwähnten HIC-Schwellenwert von 300 liegen und somit auch kein hohes Risiko für eine schwere Verletzung darstellen.

Der ASI- und auch der THIV-Wert lassen demnach keine objektive Einschätzung einer Verletzungsschwere von Fahrzeug-Insassen zu. Mit Blick auf eine realistische Einschätzung der Verletzungsschwere von Fahrzeuginsassen bei Fahrzeuganprallen wäre es folglich konsequent, die aktuelle Vorgehensweise zu hinterfragen.