Fahrzeug-Rückhaltesysteme (FRS) sind ein elementarer Bestandteil der Sicherheitsstruktur entlang unserer Straßen. Insbesondere die deutschen Bundesfernstraßen bieten im internationalen Vergleich ein sehr hohes Sicherheitsniveau. Der Großteil der installierten FRS entlang unserer Straßen sind Schutzeinrichtungen (SE). Im Wesentlichen wird bei den SE unterschieden in Betonschutzwände (BSW) und Stahlschutzplanken (SP). Die BSW werden unterschieden in Betonschutzwände in Ortbetonbauweise (BSWO) und Betonschutzwände in Fertigteilbauweise (BSWF).
Mit Blick auf SE auf Ingenieurbauwerken müssen SE, welche in Deutschland zum Einsatz kommen, die Anforderungen der DIN EN 1991-2 erfüllen. Bei permanenten FRS mit LKW-Fahrzeugprüfungen (H1 bzw. L1 aufwärts) werden für LKW-Anpralle die horizontalen und vertikalen Anprallkräfte auf einer simulierten, 12 m langen Brückenkappenkonstruktion gemessen. Die Ergebnisse führen zu einer Eingruppierung der SE in eine der vier Brückenlastklassen A – D.
Für eine Verbindung von unterschiedlichen SE werden im Regelfall Übergangskonstruktionen (ÜK) gefordert. In Deutschland sind die Anforderungen an den Einsatz von ÜK in den technischen Kriterien für Fahrzeug-Rückhaltesysteme (TK-FRS) sowie in den technischen Liefer- und Prüfbedingungen für Übergangskonstruktionen (TLP-ÜK) festgelegt. Verantwortlich für eine Begutachtung und Zulassung von ÜK in Deutschland ist die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt).
Die technischen Liefer- und Prüfbedingungen für Übergangskonstruktionen zur Verbindung von Schutzeinrichtungen (TLP-ÜK (2017)) beinhaltet ein Unterkapitel 3.2, in welchem ÜK unter bestimmten Voraussetzungen als Übergangselemente (ÜE) ausgeführt werden können. ÜE müssen keiner EN1317 Anprallprüfung unterzogen werden; dafür jedoch unter anderem eine identische Aufhaltestufe aufweisen, eine vergleichbare Bauweise aufzeigen oder auch definierte Grenzwerte in der dynamischen Durchbiegung der beiden zu verbindenden SE einhalten. ÜE werden von Systemherstellern beantragt und werden in regelmäßigen Abständen von einer “TLP-ÜK Bewertergruppe” einer umfangreichen Prüfung unterzogen. Wenn ein beantragtes ÜE alle Anforderungen aus den Regelwerken sowie die Prüfungskriterien der TLP-ÜK Bewertergruppe erfüllt, wird der Übergang als ÜE zugelassen und danach in die technische Übersichtsliste (TÜL) der TK-FRS (Übergangselemente – ÜE-5xxx) aufgenommen.
Bei der Planung und Errichtung von FRS ist es elementar, dass eine vorgesehene Installation gleichwertig zu den Randbedingungen aus der EN 1317 Anprallprüfung installiert wird. So ist zum Beispiel bei einem geplanten Einsatz von SE auf eigenständigen, gebundenenen Unterlagen direkt an der Fahrbahnkante (Streifenfundamente (SF)) zu prüfen, ob die Leistungsdaten der Anprallprüfung sicher in die vorgesehene Installation übertragen werden können. Bei der Betrachtung ist dabei insbesondere die Breite einer anprallgeprüften “SE auf SF” im Vergleich zur geplanten “SE auf SF” von großer Bedeutung. Das gilt insbesondere für eingespannte oder verankerte Systeme. Eine garantierte nachweisbare Sicherheit in solchen Einsatzfällen bieten nur Systeme, welche auch mit den vorgesehenen SE-Fundament-Abmessungen anpallgeprüft wurden.
Mittelstreifen auf deutschen Autobahnen sind besonders sensibel in Bezug auf Fahrzeuganpralle. Fahrzeugdurchbrüche sollen in jedem Fall vermieden werden. In Deutschland werden SE im Mittelstreifen in der Regel zweireihig installiert, d.h. es kommen zwei unabhängig voneinander wirkende Systeme zum Einsatz. Der in den Mittelstreifen zur Verfügung stehende Raum sowie die hohe Anzahl an Hindernissen führt zunehmend zu einem Einsatz von SE mit geringen Wirkungsbereichen oder gar unverschieblichen SE. Mit aus diesem Grund fordert das Regelwerk Richtlinien für die Anlage von Autobahnen von den zu installierenden FRS, die Folgen von Unfällen so gering wie möglich zu halten. Diese Forderung unterstreicht mehr als deutlich die Forderung nach einem Einsatz von unfallresistenten FRS. Hier können unverschiebliche BSW deutlich punkten. insbesondere dann, welche mehrere Fahrzeugprüfungen auf das gleiche System auf die gleiche Anprallposition “über sich ergehen lassen mussten”. Bei Anprallprüfungen werden BSWO i.d.R. nur einmal aufgebaut und die durchgeführten Anpralle finden üblicherweise am gleichen Anprallpunkt statt. Somit bringen BSWO von Hause aus eine anprallgeprüfte Restsicherheit und mit in die realen Installationen.
Ein weiterer relevanter Aspekt bei der Sicherheit ist die steigende Forderung nach SE, welche auf sehr kompakten und fahrbahnunabhängigen, eigenständigen gebundenen Unterlagen (Streifenfundamente – SF) direkt neben der Fahrbahnkante zu installieren sind. Sehr oft werden SE auf SF gefordert, welche einen schmalen oder gar keinen fahrbahnseitigen SF-Überstand aufweisen. Wenn SE bei den Anprallprüfungen auf breiteren im Vergleich zur realen Installation vorgesehenen Unterlagen installiert waren, entsteht bei derartigen Systemen eine Sicherheitslücke, da eine solche Installation in einer geringeren Sicherheit in Bezug auf ein Kippen oder Verschieben des Systems resultieren kann: Die Leistungsdaten sind in Folge nicht sicher übertragbar. In diesem Zusammenhang sind auch SE zu erwähnen, welche mittels Verbundanker (Klebeanker) in gebundenen Unterlagen aus Asphalt verankert werden. Asphalt ist – basierend auf den thermoplastischen Eigenschaften – nicht in der Lage, eine Garantie für eine Aufrechterhaltung der anprallgeprüften Leistungseigenschaften über den geforderten Zeitraum von 25 Jahren zu geben. Bei den Anprallprüfungen werden die Systeme wenige Tage vor der Prüfung aufgebaut, was mit Blick auf die Dauerhaftigkeit (gefordert sind in Deutschland 25 Jahre!) der Installation jedoch keine verbindliche Aussage zulässt.
Der grundsätzliche Ansatz eines jeden Betreibers oder Planers für FRS bzw. SE basiert auf einer einfachen, durchgehenden und von wenigen Systemwechseln beeinflussten “FRS-Systemwelt”. Wie bereits erwähnt, spielt jedoch auch die Reparaturhäufigkeit oder die Dauerhaftigkeit eines FRS eine entscheidende Rolle – hierbei auch mit Blick auf die Gesamtkosten über die Nutzungsdauer (WOL – Whole of life cost bzw. LCC – Life cycle cost). Folgende Systemeigenschaften sind demnach wünschenswert:
- SE für Strecke und Bauwerk unverschieblich und profilgleich
- SE für Strecke und Bauwerk mit anprallgeprüfter Sicherheit (SE für Strecke sowohl für Installation auf Fahrbahnfundament als auch auf eigenständigen SF)
- Einfache und sichere Verbindung aller verwendeten SE
- Dauerhaftigkeit von mindestens 25 Jahren
- Anprallversuche ohne Beschädigungen, welche eine Reparatur (basierend auf den Vorgaben aus den Regelwerken) erfordern würde
Wir von LINETECH haben den Sachverhalt – mit Fokus auf eine anprallgeprüfte Sicherheit für alle mögliche Ausführungsvarianten – analysiert und im Jahr 2019 ein umfangreiches Entwicklungsprojekt mit den folgenden Vorgaben gestartet:
- Grundlage: Weiterentwicklung und Komplettierung der Linetech H2 Step-Line Familie
- SE für Strecke und Bauwerk sollen die Anforderungen der Aufhaltestufen N2, H2 und L2 erfüllen
- SE für Strecke und Bauwerk sollen unverschieblich und damit hinterfüllbar sein
- SE für Strecke und Bauwerk sollen profilgleich sein, um kurze, “unsichtbare”, sichere Übergänge zu ermöglichen
- SE für Strecke und Bauwerk soll aus einem einseitig und einem zweiseitig wirkenden System bestehen
- SE für die Strecke sollen anprallgeprüfte Sicherheit geben für Aufstellungen auf Fahrbahnfundamenten und Streifenfundamenten
- SE für Bauwerke soll nur lagegesichert, nicht statisch verankert sein
- Weiterentwicklung des L2 Step-Line Profils auf L4b Systeme
Nach umfangreichen theoretischen und praktischen Untersuchungen und Engineering Tests wurden in Folge drei neue Systeme entwickelt, um die bestehende LINETECH H2 Step-Line Familie zukunftsorientiert auszubauen. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklungsziele und den zugehörigen Realisierungsgrad:
Modularität ist eines der Grundprinzipien von LINETECH. Mit Blick auf die universelle Möglichkeit der Anbindung haben wir im Zuge der Zulassungen der SE auch die relevanten Übergänge realisiert und legalisiert. Die Systeme können in allen Ausführungsvarianten miteinander verbunden werden. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Verbindungsmöglichkeiten der drei Systeme untereinander:
Mittelstreifenüberfahrten (MÜF) können wie gewohnt durch die langjährig bewährte anprallgeprüfte ÜK LT 1-2 angeschlossen werden. Auf einer ÜK-Länge von nur 12 m kann die BSWO LT 205-12 sicher mit Betonfertigteilen Wallstop AT-Step 90 verbunden werden. Über unsere Übergangskonstruktionen LT 1-6-S, LT 1-7-S und LT 1-8-Eco-Safe können die Schutzplankensysteme Super-Rail Eco, EDSP und Eco-Safe angeschlossen werden.
LINETECH – Durchgängige, profilgleiche, unverschiebliche, anprallgeprüfte und “unsichtbare” N2, H2, L2 Sicherheit
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