Fahrzeug-Rückhaltesysteme (FRS) sind ein elementarer Bestandteil unserer Verkehrsinfrastruktur. Sie sollen ein Abkommen von Fahrzeugen aus den ausgewiesenen Verkehrsbereichen verhindern, Fahrzeuginsassen schützen und unbeteiligte Dritte vor einer Gefährdung bewahren. Die Auswahl von FRS für den jeweiligen Einsatzort und den Einsatzzweck wird in Deutschland in den Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS) festgelegt. Die Errichtung von FRS in der Praxis basiert in der Regel unter anderem auf den zusätzlichen Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Fahrzeug-Rückhaltesysteme (ZTV FRS). Für die Erstellung und Aktualisierung beider Regelwerke ist die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) verantwortlich. Mit Blick auf den Einsatz von FRS in der Praxis hat die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) ergänzend zu den RPS „Einsatzempfehlungen für FRS“ erarbeitet. Die derzeit gültige RPS ist aus dem Jahr 2009, die ZTV FRS aus dem Jahr 2013 mit einer Fassung 2017. Beide Regelwerke werden aktuell überarbeitet, um dem technischen Fortschritt und den künftigen Anforderungen Rechnung zu tragen.
Der Wirkungsbereich (W) eines FRS beschreibt den erforderlichen Raumbedarf. Der Wirkungsbereich ist definiert durch die Breite eines FRS und berücksichtigt zusätzlich die dynamische Durchbiegung (D, auch als Ddyn bezeichnet) bei einem Fahrzeuganprall. Die dynamische Durchbiegung beschreibt die seitliche Verschiebung der Vorderkante eines FRS in einer Anprallprüfung. Sie wird in allen EN 1317 Anprallprüfungen gemessen (Dm) und ist gemeinsam mit der normalisierten dynamischen Durchbiegung (DN) ein obligatorischer Kennwert im EN 1317 Prüfbericht.
FRS mit dynamischer Durchbiegung haben sich in der Anprallprüfung bewegt, d.h. sie wurden deformiert, verschoben und / oder sind beim Anprall nach hinten gekippt. Wenn beispielsweise ein FRS mit einem Wirkungsbereich W2 installiert werden soll, bedeutet das, dass der zu Verfügung stehende Einbauraum ab der Vorderkante des FRS eine Breite von mindestens 80 cm aufweisen muss. Die 80 cm beinhalten dann die Systembreite inklusive der Systembewegung (dynamische Durchbiegung) des FRS in der Anprallprüfung. Im Vergleich dazu benötigt ein W1 System nur 60 cm; ein W4 System jedoch bereits eine Raumbreite von 130 cm.
Fahrzeug-Rückhaltesysteme mit dynamischer Durchbiegung verlieren Leistung, erfordern Reparaturen und generieren Folgekosten
FRS mit Ddyn = 0,0 m in der Anprallprüfung werden als unverschieblich bezeichnet: Die benötigte Einbau-Raumbreite entspricht dann „nur“ der Systembreite. Bei einer Bewertung bzw. einem Vergleich von FRS ist dabei auch zu berücksichtigen, ob ein anprallgeprüftes System einmalig für mehrere Fahrzeugprüfungen aufgebaut wurde oder ob es für jede einzelne Fahrzeugprüfung im Prüfinstitut ganz oder teilweise neu errichtet werden musste. Wenn mehrere oder sogar alle Fahrzeugprüfungen auf ein und dasselbe FRS durchgeführt und dabei die durchgeführten Anprallprüfungen auf den gleichen Anprallbereich gefahren wurden, besteht für ein solches FRS folglich eine multiple anprallgeprüfte Sicherheit. Ist es erforderlich, ein FRS je Fahrzeugprüfung jeweils neu aufzubauen, ist das ein Zeichen dafür, dass ein Fahrzeuganprall immer eine Reparatur bzw. einen Austausch nach sich zieht.
Diese Erkenntnisse können direkt auf die Nutzung von FRS in der Praxis übertragen werden:
- Je mehr Anprallprüfungen ein einmalig errichtetes FRS in einer EN 1317 Prüfung ohne dynamische Durchbiegung „über sich ergehen lassen musste“, desto robuster ist es und desto weniger Reparaturfälle innerhalb der Betriebsdauer sind zu erwarten.
- FRS, welche für jede Anprallprüfung ganz oder teilweise neu errichtet wurden, müssen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch im Praxiseinsatz bei jedem Fahrzeuganprall repariert oder erneuert werden.
- Die Leistungseigenschaften eines anprallgeprüften FRS mit Ddyn > 0,0 m werden im Praxiseinsatz nach einem Fahrzeuganprall mit Dm > 0,0 m eingeschränkt. In Folge können die in der Anprallprüfung ermittelten Leistungsdaten nicht mehr garantiert werden – es entsteht ein Sicherheitsrisiko. Im Allgemeinen gilt die Regel, dass die ermittelten Leistungsdaten eines FRS mit zunehmender dynamischer Durchbiegung zunehmend eingeschränkt werden; gleichzeitig sinkt in Folge mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Restsicherheit.
- Wenn FRS bei einem Anprall beschädigt werden, muss eine Reparatur erfolgen. Reparaturen während der Betriebsdauer von FRS sind jedoch aus Gründen des ungestörten Verkehrsflusses nicht erwünscht und auf ein Minimum zu reduzieren. Mit Bezug auf die erforderlichen Reparaturmaßnahmen ist es dabei weder hilfreich noch konkret, jedoch missverständlich und sogar überaus risikoreich, in einem Einbauhandbuch aufzuführen, dass „wenig deformierte FRS zwar eine eingeschränkte, aber weiterhin gegebene Restsicherheit verfügen“.
- Bei jeder Reparatur im Betrieb entstehen signifikante direkte und indirekte Folgekosten. Reparaturkosten mit Versicherungsdeckung durch Unfall-Verursacher generieren dabei einen sehr hohen volkswirtschaftlichen Schaden, da die verursachten Kosten „mit der Gießkanne“ auf alle anderen Versicherungsnehmer umgelegt werden und somit von uns allen bezahlt werden müssen. Mit Blick auf die volkswirtschaftliche Gesamtbilanz von FRS-Lebenszykluskosten ist eine derartige Herangehensweise nicht objektiv und auch nicht zielführend.
Reparaturen im Betrieb sind zu vermeiden
Die überwiegende Anzahl von Fahrzeug-Anprallen an FRS wird durch PKW oder Transporter-Fahrzeuge („Sprinter“) verursacht; der Schaden ist dabei oft vermeintlich gering. Bei der erforderlichen Abwicklung eines Unfalls mit Beschädigung eines FRS ist jedoch zu berücksichtigen, dass der grundsätzliche Aufwand für einen derartigen Fall immer sehr umfangreich und kostspielig ist. Auch die indirekten Einflüsse auf den Verkehrsraum sowie den Verkehrsfluss und die dadurch entstehenden Kosten sind dabei zu berücksichtigen:
- Unfallfeststellung / Unfallaufnahme / -dokumentation
- => Verkehrsraum beeinträchtigt
- Festlegung des Reparaturumfangs – Reparaturbeauftragung
- => Aktivierung Reparaturvertrag, alternativ Ausschreibung
- Temporäre Absicherung der Unfallstelle
- => Verkehrsraum beeinträchtigt
- Bei Unfällen mit dynamischer Durchbiegung
- => Verbleibende Leistungsfähigkeit / Restsicherheit?
- Verkehrssicherung Reparatur; Reparatur der beschädigten FRS-Sektion
- => Verkehrsraum zusätzlich beeinträchtigt
- => Verkehrsraum zusätzlich beeinträchtigt
- Prüfung und Dokumentation der Reparatur
- Räumen der Reparaturstelle / Abbau der temporären Verkehrssicherung
- => Aufhebung der Verkehrsbeeinträchtigung
- => Aufhebung der Verkehrsbeeinträchtigung
Die Praxis auf unseren Verkehrswegen zeigt, dass Unfallstellen an FRS z.T. über lange Zeiträume nur mit einfachen Warnmitteln kenntlich gemacht bzw. „abgesichert“ werden. Mit Blick auf die bereits erwähnte verbleibende Leistungsfähigkeit eines unfallbeschädigten FRS stellt sich dabei immer die Frage, in welcher Art und Weise weitere Fahrzeuganpralle überhaupt aufgenommen werden können.
Die logische Konsequenz: Im Betrieb unserer Verkehrsinfrastruktur sollen Unfall-Reparaturen an FRS vermieden bzw. auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Eine zuverlässige – anprallgeprüfte – Sicherheit bieten diesbezüglich nur „unverschiebliche“ Systeme mit dem Kennwert Ddyn = 0,0 m.
FRS entlang unserer Straßen weisen mit Blick auf Sicherheit und Nachhaltigkeit demnach die folgenden Leistungseigenschaften bzw. Leistungsdaten auf:
- Keine dynamische Durchbiegung bei den durchgeführten EN 1317 Anprallprüfungen
- => ergibt den geringstmöglichen Raumbedarf sowie geringstmöglicher Reparaturbedarf im Betrieb
- => ergibt den geringstmöglichen Raumbedarf sowie geringstmöglicher Reparaturbedarf im Betrieb
- FRS möglichst nur einmalig errichtet für alle durchgeführten EN1317 Anprallprüfungen
- => multiresistent gegen Fahrzeuganpralle bzw. Reparaturen – somit anprallgeprüfte mehrfache Restsicherheit, Leistungsdaten inklusive der Anprallheftigkeit des FRS bleiben für weitere Fahrzeug-Anpralle identisch (sofern beim Anprallversuch keine relevanten Beschädigungen aufgetreten sind, welche eine Reparatur erforderlich gemacht hätten).
- Leistungsdaten aus den Anprallprüfungen können sicher in praktische Installationen übertragen werden => Unverschiebliche FRS werden i.d.R. auf gebundenen Unterlagen errichtet
- => ausschließlich Verwendung von zertifizierten und überwachten Baustoffen (i.d.R. Asphalt / Beton) => in Folge unabhängig von der Blackbox „Baugrund“ (ausgenommen: BSW mit Baugrundverankerung)
Der Baugrund in der Praxis muss gleichwertig zu den Anprallprüfungen sein, damit die Leistungsdaten übertragbar sind
Im Gegensatz zu den gebundenen Unterlagen werden ungebundene Unterlagen bzw. der Baugrund in den Anprallprüfungen aktuell weder ausreichend definiert bzw. klassifiziert noch überwacht. In den derzeitigen EN 1317 Anprallprüfungen gibt es keine qualifizierte Zertifizierung von ungebundenen Unterlagen. Auch in den ZTV FRS sowie den offiziellen FRS-Datenblättern werden ungebundene Unterlagen beispielsweise mit HB1-FRS, Kies, Schotter oder Gradermaterial bezeichnet. Eine zutreffendere Klassifizierung der üblicherweise verwendeten Baustoffgemische in Anprallprüfungen könnte hier die TL SoB-StB übernehmen: Dort werden Frostschutz- und Tragschichten definiert, wie sie üblicherweise auch bei Anprallprüfungen verwendet werden. Mit Blick auf die gesamte Bandbreite eines HB1-FRS deckt ein Baustoffgemisch gemäß TL SoB-StB nur einen kleinen Bereich ab (den in Bezug auf FRS-Verankerung hochwertigsten Bodenbereich). Die Unterlage (der Baugrund) in der Praxis beinhaltet demnach ein latentes Risiko einer Sicherheitslücke.
Betonschutzwände in Ortbetonbauweise (BSWO) werden in den Prüfinstituten i.d.R. nur einmal errichtet und alle Fahrzeugprüfungen werden dann an diesem FRS durchgeführt. Zumeist werden auch alle Anprallprüfungen auf den gleichen Anprallsektor durchgeführt. Derartig anprallgeprüfte Systeme können dann folglich auch als „multiresistent“ gegen Fahrzeuganpralle bezeichnet werden. Bei frei aufgestellten BSW unterscheiden sich BSW in Fertigteilbauweise (BSWF) und BSWO in Bezug auf die resultierende dynamische Durchbiegung. Während frei aufgestellte BSWF bereits bei PKW-Anprallen Verschiebungen aufweisen können, sind frei aufgestellte BSWO i.d.R. bei allen PKW-Anprallversuchen unverschieblich. (alle LINETECH-FRS bei allen PKW-Anprallprüfungen mit Ddyn = 0,0 m). Weiterhin haben alle eingespannten LINETECH-FRS bei den TB51 Bus Fahrzeugprüfungen keine dynamische Durchbiegung gezeigt. Diese Leistungseigenschaft und damit die Zuverlässigkeit einer Übertragbarkeit in die Praxis basiert auf der Ortbetonbauweise und der Unabhängigkeit einer BSWO von den Unebenheiten der vorliegenden Unterlage. Dabei ist es im Vergleich zu anderen Systemarten auch nicht nachteilig, wenn die Unterlage Neigungen und / oder Unebenheiten in der Längs- und / oder Querachse aufweist: Der Kontakt zwischen FRS und Unterlage wird bei BSWO verfahrensbedingt immer zu 100 % hergestellt. In der Praxis wird diese Tatsache durch die äußerst geringe Anzahl von Reparaturen an BSWO im Betrieb bestätigt. Abgeschlossene Reparaturverträge für BSWO werden i.d.R. nicht aktiviert, da Reparaturen bei BSWO von Natur aus Mangelware sind.
LINETECH – Sicher und nachhaltig durch anprallgeprüfte Standfestigkeit
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